Die momentan wichtigste Frau in meinem Leben: Interview mit meiner Hebamme Sandra

 

 

Sandra und ich kennen uns schon seit Jahren und sie war auch vor 12 Jahren bei der Geburt von Lennox an meiner Seite. Und auch bei meinem zweiten Kind steht sie mir mit Rat und Tat zur Seite. Man kann gar nicht oft genug betonen wie wichtig Hebammen sind. Heute bei einer Akupunktursitzung nutze ich mal die Gelegenheit und frage Sandra, die selber zweifache Mama ist, nach ihrem tollen Beruf.

Warum bist du Hebamme geworden?

Nach dem Abitur war ich im Berufsinformationszentrum, um mich zu informieren, welcher Beruf zu mir passen könnte. Mir war klar, dass ich keinen Bürojob möchte, sondern eng mit Menschen arbeiten möchte. Der Beruf der Hebamme hat mich sofort interessiert.

Wie viele Geburten hast du in etwa betreut?

Am Anfang nach dem Examen habe ich noch exakt mitgezählt, aber nach einiger Zeit damit aufgehört. Ich würde aber schätzen, dass ich in den 12 Jahren, in denen ich in der Geburtshilfe tätig bin, an die 1000 Geburten betreut habe.

Gibt es eine Geburt, die dir besonders in Erinnerung geblieben ist?

Ich hatte Nachtdienst und wurde zum Klinikeingang gerufen, weil ein aufgeregter Mann mit seiner schwangeren Frau angekommen war. Sie saß noch im Auto und hatte starke Wehen. Wir hatten tatsächlich keine Zeit mehr, um noch in den Kreißsaal zu gehen, denn das Köpfchen fing schon an sichtbar zu werden. Also hat sie ihr Kind dort auf dem Beifahrersitz geboren.

Was liebst du an deinem Beruf? Und was ärgert Dich?

Ich mag die Vielseitigkeit. Man hat die Möglichkeit in vielen Sparten tätig zu sein. Zur Zeit ärgert mich die berufspolitische Lage. Zum Beispiel die aktuelle Haftpflichtproblematik und der neue Rahmenvertrag für freiberufliche Hebammen, u.a. die Ausschlusskriterien für die Hausgeburt.

Du bietest auch Akupunktur an – bei meiner ersten Entbindung hat es definitiv nicht geschadet. Damals ging es bei mir ja richtig schnell und entspannt. Ist das deine allgemeine Erfahrung?

Natürlich bietet die geburtsvorbereitende Akupunktur keine Garantie auf eine schnelle entspannte Geburt. Aber ich habe im Kreißsaal oft beobachtet, dass Frauen, die sich haben akupunktieren lassen, oftmals einen zügigeren Verlauf der Eröffnungsphase hatten. Viele Schwangere profitieren von der Akupunktur.

Was hat sich durch deine eigenen Geburten für dich geändert?

Geändert hat sich eigentlich gar nicht so viel. Aber die Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett selbst erfahren zu haben, hat mich in meiner Art zu arbeiten noch bestärkt.

Hausgeburt oder Klinik? Welche Geburt eignet sich für welchen Typ Frau?

Eine Hausgeburt eignet sich für Frauen mit einem unkomplizierten Schwangerschaftsverlauf und keinen Risiken in ihrer eigenen Krankengeschichte. Frauen, die sich für eine Hausgeburt entscheiden, wollen ihre vertraute sichere Umgebung, möchten selbstbestimmt ihren eigenen Rhythmus finden und eine kontinuierliche 1:1 Hebammenbetreuung. Der Grund, warum sich Frauen häufig für eine Klinikgeburt entscheiden, ist die medizinische Notfallversorgung. Die Klinik gibt ihnen die Sicherheit, dass sofort gehandelt werden kann, wenn nötig.

Die Kaiserschnittrate steigt stetig. Wieso?

Die Kaiserschnittrate hat sich seit Anfang der Neunziger quasi verdoppelt. Rund ein Drittel aller Frauen entbinden bereits per Kaiserschnitt. Man unterscheidet dabei den geplanten Kaiserschnitt und den, der unter der Geburt notwendig wird. Die Gründe für einen geplanten Kaiserschnitt sind z.B. der Wunschkaiserschnitt, Beckenendlagen, bei Zwillinge etc. … aber auch die Entscheidung zum Kaiserschnitt unter der Geburt fällt heute frühzeitiger, z.B. bei langsamen Geburtsverläufen oder auffälligen CTGs.

Ist eine PDA (Periduralanästhesie) gefährlich? Schade ich damit meinem Baby?

Nein, man schadet dem Baby damit nicht. Die PDA kann sehr hilfreich sein. Wenn eine Frau unter der Geburt mit den Wehen nicht mehr zurecht kommt, oder es zu einem Geburtsstillstand kommt, weil der Muttermund sich nicht weiter öffnet, ist es gut, dass es die PDA gibt und die Frau die Möglichkeit hat, eventuell um den Kaiserschnitt herumzukommen. Aber natürlich würde ich jeder Frau erstmal empfehlen, entspannt in die Geburt zu gehen und zu schauen, wie sie mit der Situation zurecht kommt. Es gibt ja noch andere Möglichkeiten der Schmerzlinderung. Alternativen sind z.B. ein Entspannungsbad, Bewegung, Massagen, Akupunktur, der Einsatz von schmerzlindernden Medikamenten und wenn möglich eine 1:1 Hebammenbetreuung.

Soweit ich weiß, gehört die Wochenbettbetreuung zu deinen Favoriten. Warum?

Es macht mir Freude, Frauen über einen langen Zeitraum begleiten zu können. In der Regel findet der erste Kontakt in der Frühschwangerschaft statt, dann folgt die Begleitung in der Schwangerschaft mit Vorsorgen, Hilfe bei Beschwerden, Beratung und nach der Geburt die Wochenbettbetreuung. Es ist schön zu beobachten, wie Frauen nach eventueller Unsicherheit am Anfang an Sicherheit gewinnen und dann an den Punkt kommen, wo sie keine Hebammenhilfe mehr brauchen.